Über Das Schneidern
In den ersten Wochen des ersten Lockdowns im Frühling hatte ich mir vorgenommen Masken zu nähen. Ich kramte unter meinem Schreibtisch einen staubigen Plastikkoffer hervor, in dem ein Bündel vergessener Kleidungsstücke immer noch wartete geflickt zu werden. Als wir in das Haus gezogen sind gab es zwei Geräte, welche meiner Meinung nach in keinem Haus fehlen dürfen: eine Nähmaschine und ein Kenwood-Mixer. Da ich den Mixer fast täglich benutze- so wie meine Mutter schon vor mir – habe ich der Versuchung widerstanden, den Mixer durch eine moderne Küchenmaschine zu ersetzen. Die Nähmaschine und ich hatten seltenere, aber dafür umso nervenaufreibendere Begegnungen.
Während ich den Staub aus dem Inneren des Spulentreibers blies und unter der Lauffläche ölte, fragte ich mich wie ich meiner Tochter das Nähen beibringen sollte. Ich löste die Nähte einer zerrissenen Leinenhose, einer zerrissenen israelischen Haremshose sowie die Nähte eines neuen Baumwoll-Kissenbezugs. Wie Rosa, die auf dem Flohmarkt gefundenen Balenciaga-Kleider aus zweiter Hand umarbeitete, wollte auch ich alte Kleidung umfunktionieren. Durch Ausprobieren und einige Fehler habe ich dann Krawatten hergestellt, herausgefunden wie man einem mit Gummi überzogenen Gartendraht für die Nase einnäht, und im Schneckentempo dreilagige Masken herstellt. Deshalb nun mein Geständnis: Die Schneiderin von Paris ist in keiner Weise eine Autobiografie. Ich bin keine Schneiderin.